Leben bis zum Ende

KKV-Bundesverband unterstützt Vorstoß, die Strafbarkeit der Teilnahme an der Selbsttötung sehr eng zu fassen.

26.05.2015

"Forderungen nach einer Legalisierung des assistierten Suizids werden in der Regel mit dem Recht auf Selbstbestimmung begründet. Dieses Recht gilt als Kern der Menschenwürde. So verkleiden sich Vereinigungen, die die Legalisierung des assistierten Suizids verlangen, nicht selten mit hehren Begriffen wie Dignitas oder Gesellschaft für humanes Sterben." Mit dieser Formulierung bringt Prof. Dr. Manfred Spieker, wissenschaftlicher Berater des Verbands der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV), die Problematik um den assistierten Suizid auf den Punkt. Aus diesem Grund unterstützt auch der KKV-Bundesverband den Vorstoß einer Gruppe um den CDU-Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Patrick Sensburg, die Strafbarkeit der Teilnahme an der Selbsttötung sehr eng zu fassen. 

"Schon eine Ausnahmeregelung für den durch Angehörige und Ärzte assistierten Suizid würde für das Lebensende einen völlig neuartigen Erwartungs- und Entscheidungshorizont eröffnen. Wenn lebenserhaltende Therapie und Tod als gleichwertige Alternativen gesehen werden, wird der Patient, der sich für die Lebenserhaltung entscheidet, den Angehörigen und der Gesellschaft gegenüber dafür begründungspflichtig", so Sensburg, der auch stellv. Bundesvorsitzender des KKV ist.Der "Gehilfe" darf nicht die Tatherrschaft über das Geschehen habenBei der aktuellen Debatte um die Zulassung der Beihilfe zur Selbsttötung gehe es nicht darum, die Beendigung einer medizinisch nicht mehr angezeigten oder vom Patienten nicht mehr gewünschten Therapie zu verbieten. Der Abbruch einer solchen Handlung sei jetzt schon straf- und zivilrechtlich zulässig. 

Bei dem laufenden Gesetzgebungsverfahren müsse man sich vielmehr damit auseinander setzen, ob der "Gehilfe" nicht die eigentliche Tatherrschaft über das Geschehen habe. Letztlich, ob es möglich sein dürfe, dass ein anderer über die Wertigkeit des Lebens eines Kranken entscheide. Im Übrigen sei es im Nachhinein fast unmöglich, die Behauptung des Täters, den angeblich Suizidwilligen auf Verlangen getötet zu haben, zu überprüfen und ggf. zu widerlegen, unterstreicht Sensburg seine Bedenken. Im Übrigen zeige die Lebenserfahrung, dass ein Suizid im Umfeld des Betroffenen regelmäßig Bestürzung und Fassungslosigkeit auslöse und bei Angehörigen, Freunden, Arbeitskollegen, Mitschülern und sogar bei Fernstehenden oft dauernde Schuldgefühle darüber entstünden, die Gefährdung des Betroffenen nicht erkannt und somit seinen Tod nicht verhindert zu haben. Insofern bleibe es unbegreiflich, dass aus der ursprünglichen Absicht, ein Verbot der organisierten Hilfe zum Suizid gesetzlich zu regeln, es nunmehr dazu gekommen sei, die Beihilfe zur Selbsttötung gesetzlich zu organisieren.Menschen wollen ihrem Leid und nicht ihrem Leben ein Ende bereiten.

"Natürlich müssen wir Sorge dafür tragen, dass Menschen nicht unnötig leiden müssen. Denn darum geht es im Kern. Menschen, die sich mit dem Gedanken an Suizid tragen, wollen ihr Leid nicht länger ertragen", betont Sensburg. Das heißt, diese Menschen wollen ihrem Leid ein Ende bereiten und nicht ihrem Leben. Mit den Forstschritten in der heutigen Medizin müsse aber niemand mehr an unerträglichen Schmerzen leiden. "Eine umfassende palliative Versorgung ermöglicht ein schmerzfreies Leben bis zu dessen natürlichem Ende", ist der Abgeordnete deshalb überzeugt.Im Übrigen würde die ausnahmsweise erlaubte Mitwirkung am Suizid durch Ärzte zwangsläufig zu Änderungen in der Approbationsordnung sowie in den ärztlichen Ausbildungsordnungen führen. Vor allem aber würde dies zu einem ganz neuen Verständnis über den Arztberuf führen. 

"Wie sollen künftig schwerkranke Patienten noch Vertrauen in Ärzte haben", so Sensburg weiter, "wenn sie befürchten müssen, dass diese auch fallweise bereit sind, Beihilfe zum Suizid zu leisten?"Der Wunsch weiterzuleben, darf nicht rechenschaftspflichtig werden"Der KKV warnt deshalb erneut und mit allem Nachdruck davor, den assistierten Suizid zu legalisieren", so der KKV-Bundesvorsitzende Bernd-M. Wehner. Wenn im Falle ei¬nes angeblich unerträglichen Leidens der Tod auf Rezept ermöglicht werde, werde auch dem sozialen Druck die Bahn geebnet. Der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau habe es bereits in seiner Berliner Rede im Jahre 2001 auf den Punkt gebracht, wenn er sagte: "Wo das Weiterleben nur eine von zwei legalen Optionen ist, wird jeder rechenschafts¬pflichtig, der anderen die Last seines Weiterlebens aufbürdet." Es entstehe ein psychischer Druck, den medizinischen, pflegerischen und finanziellen Aufwand zu vermeiden und sich dem Trend des sozialverträglichen Frühablebens anzuschließen. "Wer will noch am Leben bleiben, wenn er spürt, dass sein Weiterleben den Angehörigen eine große Last bedeutet?", gibt Wehner deshalb zu Bedenken.

Eine aktive Sterbehilfe widerspreche im Übrigen nicht nur dem christlichen Menschenbild, sie sei auch ein weiterer Schritt auf dem Weg, menschliches Leben der Beliebigkeit anheim zu stellen, so der KKV weiter. Abgesehen davon, dass damit der Willkür Tür und Tor geöffnet würde, zeigten solche Überlegungen, wohin eine Gesellschaft gerate, wenn sie sich anmaße, Herr über Leben und Tod zu sein und damit immer mehr Gott aus dem Spiel lasse. In Würde sterben, könne deshalb nie bedeuten, dass man sich selbst umbringe. Zu Recht habe Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium (EG) darauf hingewiesen, "dass ein menschliches Wesen immer etwas Heiliges und Unantastbares ist, in jeder Situation und jeder Phase seiner Entwicklung. Es trägt seine Daseinsberechtigung in sich selbst und ist nie ein Mittel, um andere Schwierigkeiten zu lösen. Wenn diese Überzeugung hinfällig wird, bleiben keine festen und dauerhaften Grundlagen für die Verteidigung der Menschenrechte; diese wären dann immer den zufälligen Nützlichkeiten der jeweiligen Machthaber unterworfen (EG 213)."